Amerikanischer Realismus
Amerikanischer Realismus
Einleitung
In der Bildenden Kunst vereinigen sich verschiedene, zum Teil unterschiedlichste Strömungen unter dem Begriff »Realismus«, wie z.B. die Neue Sachlichkeit1 im Deutschland der 20er und 30er Jahre, der sich in unterschiedlichsten Ausformungen über praktisch die gesamte Zeit der Kunstproduktion in den Vereinigten Staaten erstreckende Amerikanische Realismus bis hin zum Fotorealismus der 60er und 70er Jahre.
Was also ist Realismus?
Mit dem Begriff Realismus ist nicht eine klar umrissene Kunstrichtung gemeint. In erster Linie bezieht sich der Begriff auf das Bemühen um eine »realistische«, gegenständliche Darstellungsweise. Bei näherer Betrachtung zerfällt die Vorstellung vom Realismus in zwei verschiedene, sich teils widersprechende Betrachtungsweisen, welche von Edward Lucie-Smith in seinem Buch »Amerikanischer Realismus«2 mit den Begriffen Konzeptionsrealismus und Perzeptionsrealismus umschrieben werden. Der Konzeptionsrealismus ist „eine Art Bestandaufnahme von dem, was der Betrachter glaubt, in einem bestimmten Moment vor sich zu haben. […] Dieser Seheindruck ist immer auch von Erfahrungen, Wissen und Sehgewohnheiten abhängig.“3 Der Perzeptionsrealismus versucht, sich rein auf den Vorgang der Wahrnehmung zu beschränken: „Eine Wahrnehmung der abzubildenden Dinge ganz ohne vorgefasste Meinungen, so unvoreingenommen wie möglich.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 10 f) Das bedeutet in der Konsequenz, nicht mehr »Gegenstände« werden abgebildet, sondern das Licht, das auf die Gegenstände fällt und sie erscheinen lässt. Ansätze von dieser Form des Realismus finden sich in der europäischen Kunst seit dem 17.Jahrhundert. Als ein frühes Beispiel gilt das Gemälde »Ansicht von Delft« von Vermeer van Delft.4
Amerikanischer Realismus
In Amerika hat sich eine ganz eigene Form von Realismus in der Malerei entwickelt. Diese hat nicht nur Erfahrungen des Alltags zum Thema, sie versucht diese darüber hinaus in einen konkreten amerikanischen Zusammenhang einzubetten. „Das Hauptanliegen der amerikanischen Malerei war zu Anfang die reine Wiedergabe der Realität.“5
Edward Lucie-Smith beschreibt die gesellschaftliche und politische Tradition, die das amerikanische Volk geformt hat und sich in der Entstehung der »typisch amerikanischen« Kunst spiegelt:
- Von Anfang an war die amerikanische Nation demokratisch und wurde durch Konsens regiert.6
- Amerika ist das Produkt mehrerer aufeinanderfolgender Imigrationswellen im 17., 18., 19. und frühen 20. Jahrhundert. Diese europäischen Einwanderer wollten u. a. Hierarchien und gesellschaftliche Strukturen hinter sich lassen.7
- Die amerikanische Lebensart, geprägt durch Einwanderer, „die sich im Schweiße ihres Angesichts ein neues Leben aufbauten“ ((Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 12) war lange Zeit in kultureller wie auch in rein praktischer Hinsicht stark pragmatisch geprägt.
Eine Kunst, die die Welt so darstellt, wie ein jeder sie sehen würde, scheint besonders geeignet zu sein, eine nationale Kultur, welche von Anfang an besonderen Wert auf Praktikabilität und Gleichberechtigung legte, auszudrücken.
Im amerikanischen Realismus spielt die Photographie eine wichtige Rolle. Auch wenn sich amerikanische Künstler in der Tradition der europäischen alten Meister bewegen, wirkt dieses Erbe weniger unmittelbar auf sie. Die Photographie demokratisierte in einer bewusst egalitären Gesellschaft die Anfertigung von Portraits. Daneben war sie ideal, die Erscheinungsvielfalt des teilweise noch unentdeckten amerikanischen Landes zu dokumentieren.
»American Gothic« (1930), Grant Wood – der Beginn des Regionalismus
Das Gemälde »American Gothic« von Grant Wood, welches einen Mann mit Heugabel und eine Frau vor einem Haus im Zimmermann-Gotik-Stil zeigt, wurde erstmals 1930 in der Ausstellung »Fourty-Third Anual Exhibition of Painting an Sculpture« in Chicago ausgestellt. Obwohl es von der Jury nur widerwillig akzeptiert worden war, gewann es die Bronzemedaille und einen Preis von 300 Dollar. Das Bild entwickelte sich schnell zu einer Art nationalem Heiligtum und Symbol für das verschwindende ländliche Amerika. Es kennzeichnet den Beginn des Regionalismus als Strömung in der amerikanischen Kunst.8
Dabei ist das Bild, welches die meisten Menschen schon allein aufgrund seiner Verwendung, Reproduktion und Verfremdung in Splatter- und Horrorfilmen kennen, in vielerlei Hinsicht zweideutig:
- Ist die Darstellung satirisch, ironisch oder drückt sie Bewunderung für die abgebildeten Personen aus?
- In welchem Verhältnis stehen die Dargestellten zueinander? Handelt es sich bei den Personen um Bruder und Schwester, Mann und Frau, Vater und Tochter?
- Zeigt das Bild eine nostalgische Betrachtung der Vergangenheit oder die Gegenwart?
Die Bildkomposition deutet auf eine Art von Photographie hin, wie sie in der Zeit nach dem Sezessionskrieg häufig von umherreisenden Photographen angefertigt wurde. Neben dem gleichen Format ist diesen Bildern die Einbindung von symbolischen Gegenständen, wie z. B. die vom Mann gehaltene Mistgabel, eigen.
Der Maler des Bildes, Grant Wood (1891–1942), wich den Fragen danach, was er mit dem Bild beabsichtigt hatte, immer aus: Er habe »Typen« dargestellt, die er sein ganzes Leben lang gekannt hatte und wolle diese nicht bloßstellen. Für das Bild hatten ihm nacheinander seine Schwester und sein Zahnarzt Portrait gesessen.
»American Gothic« machte den bis dato relativ unbekannten Maler aus dem kleinstädtischen Cedar Rapids, Iowa schlagartig berühmt. Seine künstlerische Ausbildung war bruchstückhaft gewesen und konzentrierte sich sowohl auf handwerkliche und graphische Techniken wie auf bildende Kunst. Von den avantgardistischen Strömungen in Europa scheint er in den 20er Jahren gänzlich abgeschnitten zu sein. Ein berufsbedingter Aufenthalt in Deutschland Ende der 20er Jahre veränderte seinen Malstil: Er sah die riesige Sammlung früher deutscher und flämischer Maler in der Alten Pinakothek München und war tief beeindruckt von den scharfen klaren Umrissen und der wirklichkeitsgetreuen Darstellungsweise, mit der die alten Künstler das Leben ihrer Zeit festgehalten hatten.9 So war »American Gothic« nicht das erste Bild in neuem Stil. Ihm ging 1929 »Frau mit Pflanzen«, ein Portrait seiner Mutter, voraus.
Der plötzliche Erfolg veränderte Woods Leben. Er begann, sich als Pionier einer auf einem regionalen amerikanischen Kunstempfinden beruhenden neuen Art von Malerei zu betrachten und dehnte den bis dato nur für Bildnisse und Portraits verwendeten Stil auf Landschaften und erzählerische Bilder aus. Doch schon 1935 wurden seine Bilder wegen ihres dekorativen Manierismus und ihrer Sentimentalität hart kritisiert. Ab 1940 war der Regionalismus im Schwinden, denn das „Weltgeschehen ließ die Theorie der Notwendigkeit einer inneramerikanischen, gleichsam antieuropäischen Standpunktes unwichtig, wenn nicht sogar unhaltbar erscheinen.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S.107)
Grant Wood blieb seine gesamte künstlerische Laufbahn über im Mittleren Westen. Er starb 1942 an Leberkrebs.
Realismus ab 1940
Der Regionalismus war in der die 30er Jahre prägenden isolationistischen Stimmung entstanden. Die durch die Wirtschaftskrise entstandenen scharfen gesellschaftlichen Gegensätze hatten sich im hochpolitischen Stil des Sozialrealismus niedergeschlagen. Mitte der 40er Jahre gewann die abstrakte Kunst jedoch selbst für leidenschaftliche Verfechter des Marxismus an Anziehungskraft. Der Abstrakte Impressionismus10 wurde – wie schon zuvor der Regionalismus – zu einem politischen Instrument. Er wurde von den amerikanischen Kultureinrichtungen im Ausland als ein der im zweiten Weltkrieg erworbenen Vorherrschaft in der Weltpolitik entsprechendes Symbol der kreativen Führerschaft Amerikas in der Bildenden Kunst gefördert. Realistische Malerei und Bildhauerei war in den Vereinigten Staaten auch deshalb nicht mehr gefragt, weil die Sowjetunion ihren Künstlern die rigide Doktrin eines Sozialistischen Realismus aufzwang. Realistische Darstellungsweise wurde so als etwas der amerikanischen Kultur Fremdes gesehen.
Der Triumphzug des Abstrakten Expressionismus ab Mitte der 40er Jahre stellte eine ernsthafte Herausforderung für alle Formen des Realismus in der amerikanischen Malerei dar: „Abstrakte Kunst wurde als als Symbol für die neue kulturelle und politische Hegemonie, die die Vereinigten Staaten nun ausübten, betrachtet.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S.15) So wurde der Realismus in den 40er und 50er Jahren immer mehr an den Rand gedrängt. Ihre daraus resultierende isolierte Situation ermöglichte den Malern des Realismus, mit ihrer Malweise gegen die Konvention zu verstoßen. „In anderen Worten, es wurde vielleicht zum ersten mal seit einigen Jahrhunderten und bestimmt erstmals in der Geschichte der amerikanischen Kunst möglich, mit Realismus eine Art Schockwirkung auf die etablierten Hierarchien des Abstrakten Expressionismus auszulösen.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S.15)
Zwei Künstler des führenden Regionalismus überstanden den Niedergang der Bewegung Anfang der 40er Jahre: Charles Burchfield (1893–1967) und Edward Hopper (1882–1967)11. Beide Künstler waren an den Eigenarten des amerikanischen Lebens interessiert, bekannten sich jedoch nicht zu einer politischen oder gesellschaftlichen Ideologie – sie hatten nicht „den Anspruch, öffentlich Erklärungen über das, was es bedeutete, Amerikaner zu sein, abzugeben.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S .107) Ihre Werke gewannen eine besondere Anziehungskraft aus dem Gefühl der persönlichen Isolierung, dem Bewusstsein der Maler, Mitglied der amerikanischen Gesellschaft zu sein, aber trotzdem kein Teil von ihr, ein Gefühl, welches sich auch in dem Gemälde »Nighthawks« (1942) von Edward Hopper wiederspiegelt.
Von den 60er Jahren an war eine realistische Darstellungsweise jedoch nur noch eine von vielen einem Künstler zur Verfügung stehenden Möglichkeiten innerhalb der immer pluralistischer werdenden zeitgenössischen Kunst. Dies erschütterte das Verständnis von Künstlern und Kritikern, was nun letztlich Realismus sei: Alles Figürliche wurde als (mehr oder weniger) realistisch eingestuft. Das breite Publikum setze Realismus zunehmend mit Gegenständlichkeit gleich. Die Maler, die weiterhin eine gegenständliche Darstellungsform verfolgten, spalteten sich in mehrere Kleine, stilistisch unterschiedliche Gruppen auf.12 Damit verschwand auch eine einheitliche Vorstellung von »Realität« in der Kunst. So wurde das, was wir für visuelle Norm halten, durch die stilistische Vielfalt der Moderne im 20.Jahrhundert in umfassender Form hinterfragt.
Manche Künstler reagierten auf diese Entwicklung mit der Abkehr von der Moderne und der Besinnung auf das Werk bestimmter Künstler der Vormoderne – sie kehrten also zu den Meistern der alten Schule zurück. Edward Lucie-Smith begründet diese Entwicklung mit der »Anziehungskraft des Exotischen«. (Die alten Meister waren weiterhin in Museen nur schwach vertretenen.) Ebenso ist die Bereitschaft zum Verstoß gegen Konvention ein integraler Bestandteil der Kunst der Moderne. Die Rückkehr zur Schule der alten Meister war eine äußerst durchdachte Handlung, denn sie zielte darauf ab, eine amerikanische Intelligenzia zu irritieren und aus dem Gleichgewicht zu bringen, „die sich daran gewöhnt hatte, die Moderne als eine tiefgründige, unumkehrbare Veränderung zu betrachten, mit der eine ganze Palette unantastbarer moralischer Werte verknüpft war.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 17)
Erst mit dem Aufstieg der Popart Anfang der 60er Jahren gewann die Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes wieder an Bedeutung. Die Darstellungsweise hatte sich jedoch verändert: „Der Maler nahm Personen und Gegenstände nicht mehr direkt wahr, sondern durch vom Photographen oder eine photographische Retusche auferlegte Konvention oder durch die Augen des Werbegraphikers.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 143) Mit der Popart hielt der Siebdruck als Technik Einzug in die Kunst.
Fotorealismus
Der Fotorealismus stieß von Anfang an bei etablierten zeitgenössischen Kritikern auf wenig Gefallen und falsches Verständnis. Dabei war sein eigentliches Anliegen „weder eine einfache (oder zynische) Abhängigkeit von photographischen Abbildungen noch eine intellektuelle Analyse der vom Kameraobjektiv vorgegebenen Sichtweise, sondern ein Bedürfnis nach figürlichen Darstellungen, die einen starken emotionalen und subjektiven Gehalt aufweisen“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 189), ein Gefühl, welches eine ganze Generation amerikanischer Künstler erfasste.
Amerikanische Fotorealisten sind sehr spezialisiert, sie beschränken sich in ihrem Werk auf ein Sujet. Chuck Close (*1941) ahmt in seinen riesigen Portraits absichtlich die für die Kamera typischen Verzerrungen nach, wie z. B. die durch weit geöffnete Blende verursachten unterschiedlich scharfen Gesichtszonen (undeutliche Nasenspitze, scharfe Wangenknochen, verschwommene Ohren). Der Künstler will mit seinen Werken die Vorstellungen der Betrachter von »Realität« herausfordern und erneuern.
Fotorealisten wie Ralph Goings (*1928) sahen sich in ihrem Kunststudium Mitte der 50er Jahre mit aus gegensätzlichen Anforderungen resultierenden Problemen konfrontiert: Ein altmodisches akademisches System förderte den Respekt vor der technischen Reproduktion, während die Leitsätze der neuen Abstraktion besagten, dass „eine sorgsame Technik genau das hemmt, worauf es ankommt: den Ausdruck des künstlerischen Selbst.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 195) Für Goings bot die Popart keinen Ausweg aus dem Dilemma.13 Er reagierte letztlich mit dem Impuls, „einen Schritt zurück zu gehen und den Gegenstand für sich selbst stehen zu lassen.“ (Ralph Goings, zitiert nach Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 196)
Die meisten Fotorealisten arbeiteten auf der Grundlage von Photographien, dies gilt aber bei Weitem nicht für alle. Viele fotorealistische Bilder stehen in der Tradition der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. In der amerikanischen Kunstszene ist die fotorealistische Malerei ein Spezialgebiet, welches mit großem Erfolg einen bestimmten Markt bedient, jedoch wenige Möglichkeiten für weitere Entwicklungen bietet.
geschrieben Juli 2006
Fußnoten
-
Die Neue Sachlichkeit mit
ihren Hauptvertretern Otto Dix, Elfriede Lohse-Wächtler,
Christian Schad, George Grosz, Conrad Felixmüller und
Rudolf Schlichter bildet kunsthistorisch das Bindeglied
zwischen Expressionismus, Dadaismus und
Surrealismus. Sie übte starken Einfluß auf den
Sozialistischen Realismus aus. Die Neue Sachlichkeit
unterteilt sich in die drei Strömungen Verismus,
Klassizismus und Magischer Realismus. Letzterer wurde
anfangs konkurrierend zum Oberbegriff verwendet, er
versteht sich sich als eine Brücke zum
Surrealismus. Sein bekanntester Vertreter ist Franz
Radziwill.
Als Stilrichtung findet sich die Neue Sachlichkeit sowohl in der Malerei, als auch in der Literatur und Architektur. - Edward Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, E.A. Seemann Kunstverlagsgesellschaft mbH, 1994, Leibzig
- Ein extremes Beispiel für den Konzeptionsrealismus findet sich in der altägypischen Grabmalerei. Obwohl in den Personendarstellungen der Kopf im Profil erscheint, das Auge einen jedoch direkt anschaut, Schultern und Rumpf frontal, Beine allerdings im Profil abgebildet sind, haben wir heute „guten Grund anzunehmen, dass den alten Ägyptern selbst diese Darstellung überaus realistisch vorkam, eine befriedigende Wiedergabe von allem, was sie sahen.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 9)
- Eigentlich Jan van der Meer, genannt Vermeer van Delft – Vermeers Arbeitsweise, von vorgefundenen Gegebenheiten auszugehen, war zu seiner Zeit nicht üblich. Unter freiem Himmel zu malen, wurde in großem Stil erst mit der Verbreitung der Tubenfarben möglich, welche in leicht transportierbaren Malkästen von Künstlern ins Freie mitgenommen werden konnten. Diese Materialien gab es 1660 noch nicht. Vermeer fand jedoch Mittel und Wege, sich den zeitgegebenen Voraussetzungen technischer Begrenzungen zu entziehen. Für die Ansichten von Delft wählte er jeweils einen Standort am Fenster. Höchstwahrscheinlich hat er als Hilfsmittel eine Camera obscura verwendet.
- „Alle anderen Impulse gingen in den einzigartigen Bedingungen einer Siedlergesellschaft unter.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 19)
- Situationen, in denen dieser Konsens zusammenbrach, führten zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und zum Sezessionskrieg.
- In der amerikanischen Kunst gibt es keine spezifisch aristokratische Tradition und also auch kein Bewusstsein, „dass professionelle Künstler hauptsächlich im Auftrag einer untätigen, privilegierten Klasse wirkten, die sich vom übrigen Teil der Gesellschaft abhob.“ (Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 13)
-
Obwohl viele der
Dargestellten von der Art und Weise, wie führende
Künstler des Regionalismus sie sahen, ablehnend
gegenüberstanden und manchmal tief gekränkt waren,
empfanden sie die künstlerische Strömung als eine
Aufwertung, eine Wiedergeburt der Werte des Mittleren
Westens, des Herzstücks von Amerika.
Der bedeutendste Regionalist und selbsternannte Kopf der Bewegung war Thomas Hart Benton (1889–1975). - Möglichwerweise wurde er auch durch die Bilder der Neuen Sachlichkeit, namentlich der Künstler Christian Schad und Franz Radziwill, beeinflusst.
- Einer der Hauptvertreter dieser auch informelle Malerei genannten Richtung war Jackson Pollock (»Action Painting«) (1912–1956). Allen Ausprägungen des Informel ist gemeinsam, dass das Gefühl, die Emotion und die Spontaneität wichtiger sind als Perfektion, Vernunft und Reglementierung.
- Edward Hopper kam erst spät zu seinem Stil, seine charakteristischen Bilder voller Gefühl der Einsamkeit und Distanz entstanden erst, als er bereits über 40 Jahre alt war. Als Sohn eines Textilkaufmanns in Nyack, New York geboren, wurde er zunächst Werbegraphiker (1899/1900), um dann an der New York School of Arts zu studieren. Auch in Werken, in denen er mehrere Personen zusammenbringt, versteht er es in der Regel, den Eindruck zu erwecken, dass Beziehungen zwischen ihnen nicht existent oder deutlich gespannt sind.
- Mit dem Begriff »Magischer Realismus« wurde z. B. in einer Ausstellung von 1943 das Werk von Malern bezeichnet, „die mit einer exakten, realistischen Technik ihre unwahrscheinlichen, traumartigen oder phantastischen Visionen glaubhaft darzustellen versuchten.“ (Matthew Baigell in »Dictionary of American Art«, S. 220, zitiert nach Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 146) Dieser Realismus ist also ein stilistischer, kein inhaltlicher.
- „Als ich die Originalbilder sah, war ich enttäuscht. Die Bilder wirkten so billig. Sie waren nachlässig ausgeführt, aus den Ecken hingen kleine Fasern heraus. Und ich dachte, verdammt, diese Leute sind von der Technik her kein bisschen besser als die Abstrakten Impressionisten. Sie haben tolle Ideen, setzen sie aber einfach nicht richtig um.“ (Ralph Goings, zitiert nach Lucie-Smith, »Amerikanischer Realismus«, S. 195)
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