»Informatik-Kindergarten«

Kindergarten-Workshop »Malen und gestalten mit dem Computer«


Näheres zum Projekt auf der Inki-Website.

Die Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg öffnete am 23. Juni 2009 erstmals ihre Türen für den jüngsten »Informatik-Nachwuchs«: Die Vorschulkinder der Kindertagesstätte Sankt Stephan (Diakonisches Werk Bamberg-Forchheim) nahmen an einem Modellprojekt zur vorschulischen Vermittlung von IT-Grundwissen teil, konzipiert von Prof. Dr. Ute Schmid, die in die Theorie von Pixeln, Bits und Bytes einführte, und mir, zuständig für die konkrete gestalterische Anleitung und Einführung in das OpenSource-Vektorgraphik-Programm Inkscape. Die Kooperation mit der Kindertagesstätte Sankt Stephan wurde am 2. und 9. März 2010 mit der nächsten, dieses Mal 14 Kinder umfassenden und deshalb in zwei Gruppen aufgeteilte Vorschulgruppe fortgesetzt. Auch im Rahmen des »Kultur.Klassen«-Projektes des Kultur- und Schuls-Services Bamberg wird der Informatik-Kindergarten angeboten und immer wieder nachgefragt.

Für zwei Stunden arbeiten die Kinder im Labor des Lehrstuhls für Kognitive Systeme. Zur Einstimmung im Informatik-Labor beschäftigen sich sich mit der Frage, was digital eigentlich bedeutet. Durch praktische Beispiele wird die Theorie altersgerecht erfahrbar:

Wir malen wie der Computer: »1« ist schwarz,, »0« ist weiß...

hochComputer-Arbeit

Vor dem Besuch der Universität haben die Kinder sich im Kindergarten mit dem Thema Fotografie auseinandergesetzt (z.B. indem sie eine Lochkamera bauen) und ihren Kindergarten fotografisch dokumentiert. Solche Bilder vermitteln einen interessanten Einblick darin, wie die Kinder ihren Kindergarten wahrnehmen und was sie dort besonders mögen bzw. interessant finden. An der Universität werden diese Fotos zu einem selbstgestalteten Poster zusammengefügt. Dafür erhält jedes Kind eine Arbeitsvorlage: Neben einem „digitalen Blatt“ liegen die eigenen Fotos wie auf einem Arbeitstisch bereit.

Arbeitsvorlage in
	      Inkscape Die Arbeit am Computer beginnt für die Kinder mit dem Öffnen der Datei. Schon hier zeigt sich, dass die Beherrschung der Maus einiges an Übung erfordert. Besonders das gleichzeitige Bewegen der Maus und Drücken der Maustaste erfordert Geschick und Übung, und nicht zuletzt ganz schön Kraft für die kleinen Finger.

Anschließend üben die Kinder die Beherrschung der Maus, indem sie Objekte (zuerst die Fotos) verschieben, vergrößern bzw. verkleinern und drehen. Viel Heiterkeit kommt auf, wenn ein Bild auf den Kopf gestellt, im Kreis gedreht oder verzerrt wird. Natürlich haben immer wieder einige Kinder besonderen Spaß daran, diesen Effekt absichtlich anzuwenden.

Als Gestaltungselement lernen die Kinder eine Sternform kennen, deren Größe sie selbständig festlegen. Mit einem Kalligraphie-Pinsel malen sie abschließend von freier Hand auf dem Blatt. Immer wieder wählen sie dazu neue Farben.

hoch Computer für die Kleinsten?

Dass im Informatik-Kindergarten immer wieder auch interessante Poster entstehen, freut mich, wichtig ist aber in erster Linie der Prozess. Die Kinder erhalten möglichst viel Zeit zum ausprobieren, oft verwerfen sie dabei Ideen auch wieder, vor allem dann, wenn sie das Werkzeug – nach eigenem Maßstab – noch nicht gut genug beherrschen. Das Ausprobieren macht ihnen sichtlich Spaß, das Ergebnis rückt dabei immer wieder weit in den Hintergrund.

hoch Ergebnisse (Auswahl)

In der Nutzung der neuen Werkzeuge gehen die Kinder immer wieder ganz unterschiedlich vor: Manche Kinder sind versessen auf eine Lieblingsfarbe (Mädchen meistens pink). Andere überlegen sehr gewissenhaft, welches Objekt sie wo in welcher Form, Farbe und Größe platzieren wollen. Manches Kind kurvt begeistert mit dem Kalligraphie-Pinsel auf seinem Blatt herum, legt sich beim Anlegen seiner Linien-»Autobahn« gleich selbst mit in die Kurven (auch Motorengeräusche sind mitunter zu hören). Einige Kinder interessieren sich so sehr für die Gestaltungsmöglichkeiten, dass sie sogar Funktionen entdecken, die gar nicht erklärt wurden. Für andere ist es nur wichtig, ihre Fotos sauber untereinander anzuordnen. Manche Kinder gehen sehr zögerlich vor und behandeln die Maus wie einen Fremdkörper. Andere Kinder stürzen sich ohne Scheu und voller Begeisterung auf das Werkzeug.

hoch Wie die Großen...

Inkscape ist ein professionelles Werkzeug und kein Kindermalprogramm (welches sicherlich geeigneter ist, wenn es nur darum geht, Kinder am Computer malen zu lassen und so an den Computer heranzuführen – hierfür bietet sich z.B. das OpenSource-Programm Tux Paint an). Als Vertreter der Universität haben wir den Anspruch, auch einen kleinen Einblick in die Welt der Informatik zu vermitteln. Wir setzen dabei auf den – möglicherweise prägenden – Eindruck, den die Kinder so von einer Universität und dem Aufenthalt in einem echten Labor erhalten: Arbeiten wie die Großen – und Spaß dabei haben!

Die meisten Kinder haben bereits von kleinauf – meist über ihr familiäres Umfeld – Kontakt mit Computern. Neben kindertauglichen Spielen finden sie oft das Malen am Computer besonders faszinierend. Entsprechend haben wir dieses Interesse genutzt, um im Kontext des bildhaften Gestaltens einige Grundkonzepte der Informationsverarbeitung einzuführen. Bei der Umsetzung gab es keine gestalterischen Regeln, die Kinder konnten ihr Poster ganz nach ihren Vorstellungen (und Möglichkeiten) umsetzen.

hoch Ausklang

Ausstellung der Poster in der
		Kindertagesstätte Sankt Stephan Zum Abschluss des Tages schauten sich die Kinder ein Filmchen über die Computermaus an, denn nach getaner Arbeit hatten alle etwas Entspannung bei Saft, Gummibärchen und Trauben verdient. Und wenige Tage später hielten sie dann im Kindergarten stolz ihre Arbeiten als ausgedrucktes Poster in den Händen. Diese werden nun, für alle sichtbar, im Foyer des Kindergartens ausgestellt, bis die Urheber sie schlussendlich mit nach Hause nehmen können. Das Fazit der Kindertagesstätte: Gerne nächstes Jahr wieder! Für uns und für die Kinder ist es jedesmal eine spannende und schöne Erfahrung.

Das Projekt wurde von Professor Dr. Ute Schmid und Dipl.-Kulturpädagogin Sanne Grabisch (Universität Bamberg, Fakultät WIAI) auf Anregung von Veronika Schießer (Kindertagesstätte Sankt Stephan) konzipiert und umgesetzt.